Kaum irgendwo lauern für Übersetzer so viele Fallstricke wie beim Übertragen von Sprichwörtern aus einer Sprache in die andere. Unsere Schülerpraktikantin Felicia hat sich einige Beispiele im Deutschen und Englischen angesehen.
Schwere Anfänge
Aller Anfang ist schwer, das habe ich selbst gemerkt, als ich beginnen wollte, diesen Artikel zu schreiben. Doch wo ein Wille ist, ist bekanntlich auch ein Weg und nun sitze ich hier und überlege, wie ich zum Punkt dieses Textes kommen kann. Obwohl, eigentlich bin ich das schon, denn in den letzten zwei Sätzen finden sich zwei Besonderheiten. Haben Sie sie entdeckt?
Richtig, die Sätze enthalten jeweils ein Sprichwort oder eine Redewendung. An sich ist das nichts Besonderes, denn im normalen Sprachgebrauch stolpert man oft über eben solche. Doch in letzter Zeit habe ich mich, sprachinteressiert wie ich nun eben bin, wenn ich in Kontakt mit deutschen Sprichwörtern oder Redewendungen kam, öfter mal gefragt: „Wie würde man das auf Englisch sagen?“ Schließlich heißt es: Andere Länder, andere Sitten und somit auch andere Redewendungen und Sprichwörter.
Meistens habe ich dann einfach mal schnell im Online-Wörterbuch nachgeschlagen und war oft überrascht vom Ergebnis. Denn während manche Sätze oder Satzteile fast wörtlich übersetzt werden können, haben andere keinerlei Ähnlichkeiten mit den dazu passenden deutschen Redensarten, abgesehen von der Bedeutung natürlich.
Das Leben ist keine Schüssel voll Kirschen
Die beiden Beispiele von oben gehören zu Ersteren. Im Englischen würde man also einfach sagen: „All beginnings are difficult“ und „Where there is a will, there’s a way“. Anders ist das zum Beispiel bei dem beliebten deutschen Sprichwort: „Das Leben ist kein Ponyhof“, das uns weismachen will, dass nicht alles im Leben so laufen kann, wie wir es gerne hätten. Doch während das Leben in Deutschland, wie gesagt, kein Ponyhof ist, würde man im Englischen sagen: „Life is not a bowl of cherries“. Für die englischsprachige Weltbevölkerung ist das Leben also nicht „kein Ponyhof“, sondern „keine Schüssel voll Kirschen“, aus der man sich einfach die schönste heraussuchen kann.
Ein weiteres schönes Beispiel für eine Redewendung, die im Englischen komplett anders als im Deutschen, aber nicht weniger logisch ist, ist die Aussage, man solle den Tag nicht vor dem Abend loben. Auf Englisch sagt man dazu ganz einfach: „Don’t count your chicken before they hatch“. Man soll also nicht seine Küken zählen, bevor sie geschlüpft sind.
Es regnet Hunde und Katzen
Vielleicht haben manche von Ihnen gedacht, man wolle Sie auf den Arm nehmen, als Sie die nächste Redewendung zum ersten Mal auf Englisch gehört haben. Es sei denn, Ihre Muttersprache ist Englisch, dann hätten Sie die Redewendung nämlich schon gekannt und zusätzlich hätte man Sie nicht auf den Arm genommen, sondern Ihnen am Bein gezogen, denn das ist es, was man auf Englisch tut, wenn man jemanden veräppelt: „to pull someones leg“.
Aber darum geht es jetzt gar nicht. Ursprünglich wollte ich auf Katzen und Hunde hinaus, die vom Himmel regnen.
Also nicht wirklich natürlich. Genau genommen schüttet es nämlich wie aus Eimern, so würden wir es zumindest auf Deutsch ausdrücken. Der Ausdruck „it’s raining cats and dogs“ ist übrigens im Gegensatz zum „Schütten wie aus Eimern“ nicht bildlich gemeint. Er entstammt wahrscheinlich dem 17. oder 18. Jahrhundert und bezieht sich darauf, dass aufgrund der starken Verschmutzung der englischen Städte bei starkem Regen ab und zu Tierkadaver durch die Straßen gespült wurden.
Schöne Federn machen schöne Vögel
Schon vor über 400 Jahren wusste man: Kleider machen Leute. Wenn sie nur passend gekleidet sind, ist es Betrügern ein Kinderspiel, das Vertrauen von Menschen zu bekommen. Obwohl, es könnte auch ein Stück Kuchen (eng.: piece of cake) sein oder ein Spaziergang im Park (eng: a walk in the park). Eine einheitliche Übersetzung scheint es dafür im Englischen nicht zu geben. Aber zurück zu den Kleidern, die Leute machen. Oder doch zu den schönen Federn, die schöne Vögel machen (Fine feathers make fine birds), wie man in englischsprachigen Regionen sagen würde? Doch egal, welche Version man wählt, die Bedeutung bleibt in allen Fällen gleich klar.
Wo wir schonmal bei Vögeln sind: Finden Sie nicht auch, dass ein Vogel in der Hand genauso viel Wert ist, wie zwei Vögel im Busch? Die englische Redensart „A bird in the hand is worth two in the bush“ unterscheidet sich gar nicht mal so sehr von der Deutschen mit derselben Bedeutung, die aussagt, dass ein Spatz in der Hand besser ist, als eine Taube auf dem Dach.
Rollende Steine und Beinbruch
„Ein rollender Stein sammelt kein Moos an“. Ich persönlich finde, dass dieser Ausdruck doch etwas schöner ist, als das Deutsche: „Wer rastet, der rostet“. Natürlich ist es schon irgendwie lustig, dass rasten und rosten sich nur in einem einzigen Buchstaben voneinander unterscheiden, aber die deutsche Variante von „A rolling stone gathers no moss“ klingt irgendwie so negativ.
Ein weiterer Ausdruck, der im Englischen etwas positiver ist als im Deutschen (aber auch nur etwas), wird verwendet, wenn man jemandem Glück wünschen will. Hals- und Beinbruch, sagt man zu jemandem, der zum Beispiel gleich eine Prüfung ablegen wird. Auf Englisch würde man an dieser Stelle nur Beinbruch wünschen („break a leg“), statt zusätzlich noch einen Genickbruch.
Das Ende
„Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.“ Das ist neben „Und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende“ die häufigste End-Phrase für Märchen oder Fantasiegeschichten. Die englische Version „And they lived happily ever after“ ähnelt dabei eher zweiterem. Aber das ist ja eigentlich egal, solange es heißt: „All’s well that ends well“. Oder: „Ende gut, alles gut.“
Speaking of the devil: Genau hier sind wir angekommen, nämlich am Ende.