Viele Startups wollen in die weite Online-Welt hinaus. Doch bevor die Content-Lokalisierung starten kann, sollten grundlegende Fragen geklärt werden.
Ein Beitrag von Grigorios, unserem Gründer und Geschäftsführer.
Es ist mittlerweile ein Automatismus: Internet-Startups, die erfolgreich ihre Waren oder Dienstleistungen am heimischen Markt anbieten, wollen schnell andere Märkte erobern. Vom Erfolg getrieben, aber auch von der Konkurrenz bedrängt, ist die Internationalisierung tatsächlich der folgerichtige Schritt zu Wachstum und Gewinnoptimierung.
Und es scheint auf den ersten Blick so einfach: Die Website kopieren, und die Texte von internationalen Mitarbeitern übersetzen lassen: Der Programmierer kommt doch aus England, der Praktikant aus Frankreich und die Marketing-Managerin aus Italien. So manches Startup vertraut hier sogar auf Google Translate.
War diese naive Praxis vor wenigen Jahren noch gang und gäbe, hat sich mittlerweile weitgehend die Erkenntnis durchgesetzt, dass Lokalisierung mehr als nur die simple Spiegelung von Online-Inhalten ist, die so nebenher betrieben werden kann. Die Lokalisierung 2.0 hat sich inzwischen weitestgehend professionalisiert. Einmal richtig aufgesetzt, spart das Startup viel Geld und Zeit.
Can’t read won’t buy.
Man kann natürlich sein Startup auch einfach nur auf English betreiben, erreicht aber damit tatsächlich nur einen Bruchteil der potentiellen Käufer. Und selbst wenn diese Englisch sprechen, sind die meisten Käufer im Internet viel eher bereit, etwas zu kaufen, wenn es Ihnen in ihrer Muttersprache angeboten wird. Alleine schon eine muttersprachliche Navigation erhöht den Kaufanreiz.
Um das Budget zu schonen, kann es also durchaus sinnvoll sein, die Lokalisierung modular anzugehen. Denn nicht immer lohnt sich die vollständige Lokalisierung. Selbst Global Player wie PayPal sind zwar an über 200 Märkten vertreten, lokalisieren aber keineswegs die komplette Website in alle Sprachen. Hier wird mit Mini- oder Micro-Sites gearbeitet. Weiterführender Content wird dann in anderen, den dortigen Nutzern ebenfalls geläufigen Sprache angeboten.
Ein Startup befindet sich also in bester Gesellschaft, wenn es sich nur langsam in ein neues Land vortasten möchte. Es bietet sich z. B. an, zuerst nur die wichtigsten Seiten, wie Marketing-Landing-Pages, übersetzen lassen, und dann erst weitere marginale Seiten, wie z. B. auch Nutzerbewertungen, die viele Käufer ebenfalls sehr viel lieber in ihrer Sprache lesen möchten.
Wie groß der Sprung zu einer vollständigen Lokalisierung sein kann, wird in den Bereichen Nutzungsbedingungen und Kundendienst deutlich.
Thank you for travelling with Deutsche Bahn.
Es beginnt mit der Kontaktseite. Wer sie z. B. auf Italienisch lokalisieren will, sollte bedenken, dass der geneigte Kunde, der die angegebene Nummer anruft, erwartet, dass am anderen Ende einer sitzt, der seinen sizilianischen Akzent versteht. Auch den E-Mail-Support kann man zwar hilfsweise auf Englisch anbieten, richtig gut aufgehoben wird sich der italienische Kunde aber nicht fühlen.
Oder mit anderen Worten: Lokalisierung hat Folgen. Startups, die Ihre Kunden in einer anderen Sprache bedienen möchten, sollten die gesamte Bandbreite der Kundenkommunikation bedenken. Um die Kosten für ein eigenes vielsprachiges Kundenservice-Center zu vermeiden, ist das Outsourcing hier eine praktikable Alternative.
Das betrifft auch den rechtlichen Bereich. Wer sein Business nicht nur online, sondern auch direkt vor Ort betreiben will, muss die Nutzungsbedingungen, Datenschutzbestimmungen, AGB usw. nicht nur übersetzen, sondern auch nach geltendem Recht von lokalen Anwälten umschreiben anpassen lassen.
Ohne Standort in den jeweiligen Ländern können die Rechtstexte wörtlich übersetzt (nicht lokalisiert) und dann mit dem Hinweis versehen werden, dass es sich eben nur um eine Übersetzung handelt, und nicht um örtliche geltende Regelung.
Lost in Translation.
Damit nichts bei der Lokalisierung verloren geht, und das betrifft zwar vor allem, aber nicht nur Rechtstexte, ist die goldene Regel: Übersetzen und lokalisieren dürfen nur Muttersprachler, wobei die Zielsprache immer die Muttersprache sein muss. Viele behaupten, in mehrere Sprachen übersetzen zu können, nur bei den allerwenigsten trifft das wirklich zu.
Naturgemäß können Übersetzer höchstens zwei Muttersprachen haben. Sehr, selten sind es auch einmal mehr als zwei, aber das sind absolute Ausnahmetalente. Dazu kommt, und damit sind wir wieder bei den internationalen Mitarbeitern, die man doch mal eben für die Lokalisierung einsetzen kann, dass es bei weitem nicht genügt, wenn jemand zwei Sprachen spricht.
Die Übersetzungsdienstleistung ist eine Profession, der Übersetzer ist ein Redakteur, Journalist, Texter oder Lektor in seiner Muttersprache. Allein die einfache Kenntnis der Sprache Deutsch befähigt ja auch nicht automatisch dazu, den Beruf eines Journalisten ergreifen zu können.
Gute Übersetzer haben zudem zumindest sehr fortgeschrittene Kenntnis der Ausgangssprache, damit sie jegliche sprachliche Feinheit erkennen und entsprechend übertragen können. Eine gute Übersetzung erkennt man nicht als solche.
Shit in, shit out.
Der beste Übersetzer hilft allerdings wenig (oder muss Überstunden machen), wenn der Ausgangstext schon schlecht ist, und die Lokalisierung nicht richtig vorbereitet wurde. Daher ist die zweitwichtigste Regel: Die Lokalisierung muss sorgfältig geplant werden. Ja ja, es muss immer alles gestern fertig sein, aber Startups, die ihre Internationalisierung überstürzen, zahlen langfristig immer drauf.
Das fängt beim Ausgangstext an. Bevor dieser auch nur in die Nähe eines Übersetzers gelangen darf, ist eine eingehende Prüfung durch alle relevanten Stakeholder unabdingbar. Hat man erst mal in mehrere Sprachen übersetzt, und muss dann der Ausgangstext noch einmal geändert werden, müssen alle Übersetzer wieder ran; ganz zu schweigen von echten Fehlern, die sich potenzieren und so richtig wehtun können. Schließlich, aber nicht zuletzt, erfordert eine gelungene Lokalisierung einen Projektplan und einen Business Case.
Localize it and I will advertise it.
Für welche Länder ergibt für mein Startup eine Lokalisierung überhaupt Sinn? Gerade im Internet-Zeitalter gibt es ja Produkte, die tatsächlich in jedem Land, verkauft werden können. Aber selbst dann stellt sich natürlich die Frage, ob sich der Aufwand für die Lokalisierung lohnt. Ist es, z. B. alleine von der potentiellen Nutzerzahl her möglich, dass zumindest die Kosten für die Lokalisierung wieder hereingespielt werden?
So manches Internet-Startup, wie ZenMate z. B., lokalisiert einige wichtige Seiten sogar ins Luxemburgische und Liechtensteinische. Dies geschah nicht nur als Marketing-Gag, sondern auch um lückenlos vertreten zu sein.
Ist es dann entschieden, in welche Länder man gehen will und welchen Content man lokalisieren will – welche Teile der Website, ob auch die App, Offline-Materialien, Legal Content oder Kundendienst-Kommunikationen – dann kann man beginnen, den Projektplan zu erstellen.
Dabei hilft auch ein Globales Content-Management-System oder ein CAT-Tool, das auf mehrere Sprachen ausgelegt sein sollte. Es beinhaltet die benötigten Werkzeuge, wie Translation Memory, Translation Workflows, Versionskontrollen und Datenbanken sowie Analyse-Werkzeuge.
Wenn dann die Übersetzer und Lektoren noch mit Language Guidelines, Glossaren und Style Guides ausgestattet werden, steht einer ordnungsgemäßen Online- Lokalisierung nichts mehr im Wege.
Wir LIEBEN Sprache.